Am 8. und 9. März 2024 fand der diesjährige Neurocluster® statt, welcher sich insbesondere auf konkrete Fragestellungen zur Patient:innen-Versorgung in den Bereichen Multiple Sklerose, Kopfschmerzen und Bewegungsstörungen konzentrierte. Wir haben für Sie einen Rückblick mit den Programmhighlights des Neurocluster® 2024 erstellt.
Themenübersicht:
Unter dem Vorsitz der Chairs Prof. Dr. Uwe Reuter, Greifswald, Prof. Dr. Jens Volkmann, Würzburg, und Prof. Dr. Tjalf Ziemssen, Dresden, bot das Programm des Neurocluster® 2024 eine vielfältige Auswahl an wissenschaftlichen Inhalten, darunter Plenarvorträge, Workshops und interaktive Patient:innenkonferenzen zu aktuellen Themen der Neurologie und angrenzender Fachgebiete.
Im Themengebiet Kopfschmerzen und Migräne ging es u. a. um Chancen und Herausforderungen einer tragfähigen Arzt-Patienten-Kommunikation in der Migränetherapie. Des Weiteren wurden praxisrelevante Fragen zur Migräneprophylaxe mit anti-CGRP-(Rezeptor)-Antikörpern erörtert, insbesondere im Hinblick auf die kardiovaskuläre Sicherheit, das therapeutische Vorgehen bei Vorliegen von Komorbiditäten wie Depression und den Wechsel des Antikörpers bei unzureichender Verträglichkeit oder mangelnder Wirksamkeit der Vortherapie mit einem anderen anti-CGRP-(Rezeptor)-Antikörper.
Im Bereich der Multiplen Sklerose stand die Diskussion individualisierter Therapiestrategien und Behandlungspfade zur Optimierung der Versorgung von Menschen mit MS im Mittelpunkt. Darüber hinaus wurden Möglichkeiten und Perspektiven für eine präzise Versorgung dargelegt, einschließlich der Rolle digitaler Innovationen wie dem digitalen Zwilling. Ebenso wurden wichtige Aspekte des Monitorings bei MS-Patientinnen und -Patienten sowie das konkrete Vorgehen in der Praxis beleuchtet. Besondere Aufmerksamkeit galt überdies der Rolle des Alters für eine adäquate MS-Therapie.
In der Indikation Bewegungsstörungen erfolgte ein Überblick über das Spektrum von Bewegungsstörungen und die diagnostische Herangehensweise. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf hyperkinetischen Bewegungsstörungen bei Patientinnen und Patienten mit Schizophrenie. Zudem wurden neue Entwicklungen in der Therapie von hyperkinetischen Dyskinesien und Dystonien betrachtet.
In den interaktiven Patient:innenkonferenzen wurden ausgewählte Fallbeispiele aus den Indikationen Migräne, MS sowie Bewegungsstörungen präsentiert und mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung die diagnostischen und therapeutischen Vorgehensweisen besprochen.
Einen ausführlichen Rückblick der Highlights vom Neurocluster® finden Sie hier:
Programm
Hier finden Sie die Agenda mit den jeweiligen Abläufen und Programmpunkten.
Vorstellung Chairs
Prof. Dr. med. Uwe Reuter ist Facharzt für Neurologie und war von 2006 bis 2021 an der Charité Universitätsmedizin Berlin Leiter des Kopfschmerzzentrums. Zudem war er Medizinischer Leiter der Kliniken für Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin mit Perinatalzentrum und Humangenetik und führte das Centrum für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie.
Seit Mai 2021 ist er Ärztlicher Vorstand und Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Greifswald und forscht zum Thema Kopfschmerzen weiter an der Charité Universitätsmedizin Berlin.
Sein Forschungsschwerpunkt ist die Pathophysiologie von Migräne und Kopfschmerz. Er hat an vielen internationalen Studienprogrammen zur Entwicklung von monoklonalen anti-CGRP-Antikörpern zur vorbeugenden Behandlung der Migräne mitgewirkt.
Dr. Jens Volkmann ist Facharzt für Neurologie mit Zusatzbezeichnungen für Geriatrie und spezielle neurologische Intensivmedizin. Nach Medizinstudium und ärztlicher Weiterbildung in Düsseldorf mit mehrjährigem Forschungsaufenthalt in den USA war er von 2001 bis 2010 an der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums der Christian-Albrechts-Universität Kiel und dort zuletzt als Leitender Oberarzt und Stellvertreter des Direktors der Neurologischen Klinik tätig.
Seit 2010 ist er Direktor der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Würzburg. Von 2013 – 2019 war er Vorstandsmitglied der Deutschen Parkinson Gesellschaft (DPG) und als deren Präsident Mit-Initiator der Gründung der Parkinson Stiftung 2019, deren Vorsitz er innehat.
Sein klinischer und wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt im Bereich der Bewegungsstörungen und deren Behandlung mittels tiefer Hirnstimulation.
Prof. Dr. med. Tjalf Ziemssen ist Facharzt für Neurologie. Nach Stationen in Bochum, Bern, London, Dresden und Martinsried führte ihn sein Weg nach Dresden. 2007 gründete er das dortige Multiple-Sklerose-Zentrum am Universitätsklinikum Carl Custav Carus in Dresden. Seit 2011 hat er eine Professur für klinische Neurowissenschaften an der TU Dresden inne und leitet das von ihm gegründete Zentrum für klinische Neurowissenschaften. Seit 2015 ist er stellvertretender Klinikdirektor der Neurologischen Universitätsklinik. Außerdem ist er Gründungsdirektor des Masterstudiengangs Multiple Sklerose Management, welcher seit 2019 an der Dresden International University in Deutsch und seit 2022 in Englisch gelehrt wird.
Sein klinischer und wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt im Bereich des autonomen Nervensystems und der Multiplen Sklerose. Er ist bzw. war an mehr als 180 interventionellen und nicht-interventionellen Studien beteiligt und hat über 420 Artikel in Fachzeitschriften publiziert. Ein Schwerpunkt ist dabei auch die Etablierung innovativer Versorgungsansätze wie des „Digital Twin“.
Highlights vom Neurocluster® 2024
Der Neurocluster® 2024 präsentierte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein vielseitiges wissenschaftliches Programm, das sich in Plenarvorträgen, Workshops und interaktiven Patient:innenkonferenzen aktuellen Entwicklungen in der Neurologie widmete. In diesem Jahr wurde ein klinischer Schwerpunkt gelegt und konkrete Fragen der Patient:innen-Versorgung in den Bereichen Multiple Sklerose (MS), Kopfschmerzen und Bewegungsstörungen in den Mittelpunkt gerückt.
Eines der Highlights der Veranstaltung war der Plenarvortrag von Prof. Dr. Tjalf Ziemssen, Dresden, der sich mit den Möglichkeiten und Perspektiven für eine zielgenaue Versorgung von Menschen mit Multipler Sklerose (MS) befasste. Insbesondere wurde diskutiert, wie digitale Innovationen die klinischen Behandlungspfade optimieren können. Angesichts der zunehmenden Verfügbarkeit von Optionen zur Behandlung der Multiplen Sklerose als einer Erkrankung mit intra- und interindividuell variablem Verlauf stand die Frage im Raum, wie einerseits ein individualisiertes Vorgehen im Sinne einer personalisierten Medizin realisiert werden kann und auf der anderen Seite die zunehmende Komplexität und die damit einhergehenden Herausforderungen bewältigt werden können. Bestehende MS-Leitlinien würden häufig nur Teilaspekte wie z. B. verlaufsmodifizierende therapeutische Maßnahmen berücksichtigen und nicht den komplexen ganzheitlichen Managementprozess widerspiegeln.
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Die Diagnose hyperkinetischer Bewegungsstörungen erfolgt syndromatisch anhand der vorherrschenden neurologischen Bewegungsstörung sowie weiterer neurologischer und nicht-neurologischer Symptome. In seinem Plenarvortrag erläuterte Prof. Dr. Jens Volkmann, Würzburg, diese Vorgehensweise anhand von Fallbeispielen und präsentierte die neuen Konsensuskriterien für die Diagnose von Tremorsyndromen und Dystonien. Pathophysiologisch liegen hyperkinetischen Bewegungsstörungen Dysfunktionen motorischer Netzwerke zugrunde, die entweder das Cerebellum oder die Basalganglien mit frontalen Cortexarealen verbinden. Diese anatomischen Netzwerke zeigen eine erhebliche Überlappung und sind für eine Vielzahl unterschiedlicher Symptome wie Dystonie oder Parkinsonismus verantwortlich. Entscheidend für die Symptommanifestation sind dabei die Art der Signalstörung und der daraus resultierende Funktionszustand des Netzwerkes. Dieses Konzept wurde anhand von anschaulichen Beispielen erläutert und die Wirksamkeit moderner neuromodulatorischer Therapien wurde daraus abgeleitet.
Die durchschnittliche Gesprächszeit in deutschen Arztpraxen beträgt etwa acht Minuten, betonte Prof. Dr. Frank Erbguth, Nürnberg, in seiner Key Note Lecture. Der Referent hob die Bedeutung einer effizienten Gesprächskultur hervor, die auf dem Modell der partizipativen Entscheidungsfindung („Shared Decision Making“) basiert, und verdeutlichte die Herausforderungen, mit denen Ärztinnen und Ärzte im Praxisalltag konfrontiert sind. Ihr Kommunikationsstil muss sich dabei auf unterschiedlich partizipationsfähige oder -willige Patientinnen und Patienten einstellen, von denen viele oft mit unrealistischen Erwartungen und Ansprüchen kommen. Der Vortrag behandelte sowohl die Stolpersteine als auch die Möglichkeiten, die sich in der ärztlichen Kommunikation während des Diagnose- und Therapieprozesses ergeben.
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Der Vortrag von Prof. Dr. Uwe Reuter, Greifswald, beschäftigte sich mit der Therapie der Migräne mit monoklonalen anti-CGRP-(Rezeptor)-Antikörpern in speziellen Situationen. Dabei wurden verschiedene Aspekte beleuchtet, darunter die Wirkung der Antikörper bei vestibulärer Migräne und menstruationsabhängiger Migräne. Es wurde auch die Effektivität der oralen Migräneprophylaxe im Vergleich zu den neuen Substanzen sowie der Zeitpunkt des Therapiebeginns mit monoklonalen anti-CGRP-(Rezeptor)-Antikörpern diskutiert. Der Vortrag umfasste eine Zusammenfassung neuer wissenschaftlicher und klinischer Veröffentlichungen. Des Weiteren wurde die Anwendung von monoklonalen anti-CGRP-(Rezeptor)-Antikörpern bei wichtigen Komorbiditäten wie Adipositas oder Depression untersucht.
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Workshops und interaktive Patient:innenkonferenzen
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Neurocluster® 2024 hatten die Gelegenheit, in spezialisierten Workshops sowie interaktiven Patient:innenkonferenzen ihr Wissen zu erweitern.
Die Workshops deckten eine Vielzahl von Themen aus den Bereichen Multiple Sklerose, Kopfschmerzen und Bewegungsstörungen ab, darunter die Arzt-Patienten-Kommunikation in der Migränetherapie, das Monitoring von MS-Patientinnen und -Patienten, die Diagnose von Bewegungsstörungen, offene Fragen zur Migränetherapie mit monoklonalen anti-CGRP-(Rezeptor)-Antikörpern, die Bedeutung des Alters für die MS-Therapie und hyperkinetische Bewegungsstörungen bei Schizophrenie. Jeder Workshop wurde von hochkarätigen neurologischen Expertinnen und Experten geleitet und bot eine intensive Diskussion und Wissensaustausch zu den jeweiligen Themenbereichen.
In den interaktiven Patient:innenkonferenzen wurden unter der Leitung renommierter Expertinnen und Experten besonders spannende oder ungewöhnliche Fallbeispiele aus der klinischen Praxis präsentiert und diagnostische und therapeutische Ansätze erörtert.
Videoaufzeichnungen
Entdecken Sie hier Videoaufzeichnungen von den Highlights des Neurocluster® 2024.